Innhavet

Wann geht's
weiter

Ziemlich zermürbt und ein wenig wütend auf die warmen Temperaturen verlieren wir gar keine große Zeit diesen Morgen.
Zähneputzen, Futter, Pipirunde und Steigung in Angriff nehmen.
Der dritte Versuch ist unser und wir fahren eine Zeitlang auf dieser nassen Eisschicht.

Mittlerweile geht es alle paar Kilometer höher ins Gebirge und wir brauchen immer mehr Anläufe für die jeweiligen Steigungen.
Bis 19:00 Uhr besteht der Tag fast ausschließlich aus Rückwärtsfahren und Anlauf holen.
So wird das nichts, also verlegen wir die Route auf einen Fährhafen, um die nächsten Gebirge zu umgehen.

Die Straße ist mittlerweile nicht mehr zu sehen und die Schneeschicht reicht fast 40 cm hoch.
Zeitgleich fällt mein ABS aus und mir wird die Sache zu heiß.
Über den norwegischen ADAC werde ich nach Innhavet geleitet und der Fahrer erzählt mir, dass er heute schon unzählige norwegischen Autos aus der Patsche helfen musste.
Es ist Highlife und keine Zeit für Pause.

Als ich auf einen freien Stellplatz an einer Tankstelle fahre, biegt ein LKW neben mir ab und transportiert einen völlig demolierten Audi A3.

Am Stellplatz gibt es einen Frischwaseranschluss und ich kann meinen Vorrat wieder auffüllen.
Außerdem schmeiße ich den Herd an und koche mir Rührei und Semmelknödel. Herrlich.

Während ich aus dem Fenster schaue, sehe ich einen Menschen auf dem Parkplatz im Schnee liegen, der sich nicht bewegt.
Es sind zwar nur zwischen -1 und -4 Grad hier, aber erfrieren kann man so trotzdem.
Als ich ihm aufhelfe, merke ich die extreme Alkoholisierung und biete Hilfe an.
Er lehnt ab, sagt „I´m going home“ und torkelt weiter.
Die nächsten Stunden schaue ich immer mal wieder, ob er irgendwo liegt, er scheint es aber geschafft zu haben.

Morgen werden wir mal schauen, dass wir Richtung Mo i Rana fahren und vorher wieder über die schwedische Grenze fahren.
Das Wetter macht hier einen Strich durch meine Rechnung, Norwegen komplett zu durchfahren.
Dann leben wir damit und freuen uns, dass wir zwei tolle Tage auf den Lofoten hatten und Rocky ganz oft mit langer Schleppleine die Umgebung erkunden durfte.

Bei diesen Wetterverhältnissen bräuchten wir in Norwegen noch Wochen, also vernünftig sein und Route anpassen. Schweden, ich bin bald wieder da (hoffe ich ).


Narvik

Here I am

Etwas gezeichnet von den letzten Tagen quäle ich mich aus dem Bett und es folgt die tägliche Morgenroutine.
Die Wetterverhältnisse haben Muskelkater und ein wenig schlechte Laune hinterlassen.
Die Temperaturen liegen nur noch um den Gefrierpunkt und es schneit durchgehend.
Keine guten Voraussetzungen für mein Vorhaben, allerdings muss ich da durch.

Durch meinen späten Start, bin ich nur kurz auf der Straße gewesen, bevor es dunkel wurde.
Ein Stopp an der tollen Tankstelle mit Dusche verleitet mich zum Kauf eines Lofoten Fiskeburgers.
Es ist zwar alles sehr teuer hier, dafür wird das Essen aber wirklich liebevoll hergerichtet und schmeckt hervorragend.
Nach der Stärkung überlege ich, ob die spiegelglatten Straßen es zulassen, dass ich im Dunkeln weiterfahre.
Aufgrund der wenigen Strecke, die ich seit Tagen machen konnte, entschließe ich mich in den sauren Apfel zu beißen und fahre weiter.
In Narvik spiegelt die Straße noch schlimmer und es gibt nicht einmal mehr festgefahrene Schneespuren und ich beschließe die nächste große Steigung morgen in Angriff zu nehmen mit klarem Kopf und ausgeruht.

Genervt und abgekämpft geht es ins Bett, nach ein wenig Rumgealber mit Rocky wird direkt geschlafen.


Lofoten

Lofoten!

Ein Geräusch, wie eine Schneeschaufel auf Asphalt, weckt uns auf.
Sofort fallen mir die Lofoten wieder ein, ich möchte sie unbedingt sehen. Voller Vorfreude drücke ich die Türklinke meines Wohnwagens.
Es tut sich nichts.
Nanu, okay – dann mit etwas Kraft.
Die eingefrorene Tür geht geräuschvoll auf und ich stelle fest, dass der Parkplatz mit Splitt gestreut wurde. Sogar unter das Auto und den Wohnwagen haben sie Split gestreut.

Wow, das verwundert mich, in Schweden wurde grundsätzlich gar nicht gestreut.

Rocky beendet seine Pinkelrunde und wir fahren bestens gelaunt Richtung Lofoten.
Unser Weg führt durch viele Tunnel und zwischen unzähligen Fjorden vorbei. Eine tolle Location nach der anderen offenbart sich uns.
Nachdem Schweden eher aus Straße und Wald bestand, haut mich dieser Eindruck völlig vom Hocker.

Die Straßen sind weiterhin hervorragend befahrbar und wir kommen gut voran.
Einen Tunnel nach dem anderen lassen wir hinter uns.

Es dämmert langsam und wir fahren wieder in einen Tunnel. Als wir am Ende des Tunnels rausfahren, ändert sich alles. Es ist rabenschwarz, der Schnee fällt in riesigen Flocken vom Himmel. So dicht, dass wir kaum etwas sehen können.
Das Ergebnis kommt prompt. Die nächste 12% Steigung schaffen wir nicht und wir fahren wieder rückwärts in eine Bushaltestelle. Ein deutsches Pärchen, welches dort ein Restaurant führt, sieht das und hält an.
Wir unterhalten uns eine Zeit lang und sie erzählen mir, dass sie sich zukünftig auf Walfleisch spezialisieren möchten.
Ich finde das nicht gut, behalte meine Wertung aber für mich, schließlich kenne ich die gesamten Hintergründe nicht.

Nach diesem angenehmen Gespräch flitzt Rocky an der Schleppleine von Schneehaufen zu Schneehaufen und gräbt seinen Kopf wie ein Schneeschieber in den Schnee. Er genießt sein Abenteuer sichtlich.

Voller Schnee und ausgetobt gehts dann zum Ausruhen in den Wohnwagen.
Morgen ist ein neuer Tag, morgen wird’s schon besser vorangehen, sage ich mir und wir kuscheln uns gemütlich zusammen.


Norwegen

Hallo Norge

Das Vorbeifahren eines LKWs reißt mich aus meinem leichten Schlaf und ich kraule Rocky vorsichtig aus dem Seinen.
Heute soll der vierte Versuch stattfinden nach Norwegen zu gelangen.
Es ist 09:30 Uhr und wir holen mit unserem Gespann Anlauf, über Nacht sind die Straßen komplett zugefroren, sodass wir mit ein Wenig Mühe (mal wieder) die Steigung bezwingen und die letzten Kilometer nach Norwegen sind zwar schwierig, aber möglich.

An der Grenze unterziehe ich mich einem kurzem Interview und darf dann mit Rocky endlich in dieses Land, welches ich so gern sehen möchte.

Direkt nach dem Überqueren ändert sich alles, die Straßen sind hervorragend befahrbar, überall sind Berge und Gewässer. Unglaublich.
Wir kommen so gut voran, dass wir in Narvik Geld wechseln, das Auto volltanken und weiter Richtung Lofoten fahren.

Seit Wochen habe ich mir diese Straßenverhältnisse gewünscht, wir haben überall hervorragend Grip und trotz hoher Steigungen, fahren wir zwischen wunderschönen Fjorden durch.

An einer großen Tankstelle genieße ich eine heiße Dusche und fülle den Kaffeebecher nach.

Wegen des tollen Vorankommens fahren wir auch im Dunkeln noch, ein Schild deutet plötzlich einen Bergpass an, Busse und LKWs müssen Schneeketten anlegen.
Ach du scheiße, denke ich. Zum Wenden ist es zu spät, also wird Anlauf geholt und ohne auch nur einmal den Grip zu verlieren, kommen wir oben an.

Mein Glück möchte ich nicht überstrapazieren, vor dem nächsten Bergpass biege ich ab und komme in Lodingen an.
Ein Parkplatz an einer Fährstelle, umgeben von einem großen Supermarkt und einer Tankstelle, empfängt uns hier.

Im Supermarkt werden zur Feier des Tages alle Zutaten für Fiskeburger gekauft und Rocky bekommt ein ganz eklig riechendes Schweineohr.

Nach den tollen Eindrücken und dem Problemlosen Vorankommen gehen wir breit Grinsend ins Bett und freuen uns auf morgen.


Norwegische Grenze Versuch 2 & 3

Diese f*****g
Grenze

Ein nerviges Bimmeln schrillt, während ich fröhlich mit Rocky durch den Schnee tobe.
Mein Wecker beendet diesen Traum und mein Tatendrang ist auf Höchstniveau.

Nur kurz eine Runde mit der Schleppleine drehen und dann wird Opa Nissan und Uropa Tabbert zum Aufbrechen fertig gemacht.
Heute geht es nach Norwegen!

Die Straßen sind tatsächlich wieder gut zu befahren und auch der Verkehr ist deutlich gestiegen auf dieser Strecke.
Rocky ist genauso aufgeregt wie ich, während wir mit gutem Tempo problemlos über die Straße fliegen.
Wer hätte gedacht, dass nach diesem Schneedisaster das Vorankommen heute so phänomenal funktioniert?
Begeistert erreichen wir die norwegische Grenze und mit Rocky´s und meinem Ausweis gehts zur Anmeldung.
Der Zöllner ist die Ruhe selbst und bewältigt die vier Meter bis zur Anmeldung mit einer Ruhe, die mich neidisch macht.

Er bemängelt einen fehlenden Stempel, der von unserer Tierärztin nicht im Ausweis vermerkt wurde. So können wir nicht einreisen.

Mein Elan bröckelt genauso schnell wie der feste Schnee, welcher beim Schließen meiner Tür von der Scheibe fällt.

Nun gut, es ist mein Fehler, mir hätte das auffallen müssen und so machen wir uns an die Lösung.

Es geht also mal wieder 140Km zurück nach Kiruna zum Tierarzt, bei welchem wir die letzten schwedischen Kronen gegen einen Stempel tauschen und mittlerweile in dunkelster Nacht wieder den Weg zur norwegischen Grenze fahren.

Das Wetter hat sich schlagartig geändert und der fallende Regen verwandelt die Straße in einen Spiegel.

Die norwegische Grenze erreichen wir heute nicht mehr, da uns zwei aufeinanderfolgende Berge ohne Zwischengefälle den Anlauf nehmen und auf diesem Eis kein Grip mehr besteht.

Wir manövrieren das Gespann im Schneckentempo rückwärts in eine Parkbucht und sage leise zu mir: „Morgen ist ein neuer Tag, da sieht alles wieder anders aus“.
Während dieser Nacht, zeigt sich das Polarlicht in außergewöhnlich deutlicher Gestalt.
Fast zwei Stunden kann ich dieses Spektakel bewundern.
Den tänzelnden Polarlichtern zuzuschauen ist wundervoll, es hat eine unglaubliche Leichtigkeit und spendet Mut für den nächsten Tag.